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«Ich befinde mich an vorderster Front»

Hätte mir letztes Jahr jemand gesagt, dass ich mich nach nur einem halben Jahr im Berufsleben als diplomierte Pflegefachfrau mit einer Krise solchen Ausmasses konfrontiert sehen muss, hätte ich das wohl für sehr unwahrscheinlich gehalten. Im Unterricht wurden mögliche Szenarien zum Umgang mit einer Pandemie «rein hypothetisch» besprochen. Kaum ein halbes Jahr später sind solche Szenarien bittere Realität. Die vom Coronavirus (SARS-CoV-2) ausgelöste Krankheit Covid-19 betrifft uns alle. Ich hoffe, meine persönliche Sichtweise bzw. der Einblick den ich euch als Pflegefachfrau geben kann, ist eine Motivation, um sich weiterhin zuverlässig an die vom BAG gegebenen Massnahmen zu halten.

Ich helfe, wo ich nur kann

Wenn ich sehe, wie stark andere Länder und bereits auch Teile der Schweiz betroffen sind und wie schwerwiegend die Erkrankung verlaufen kann, nehme ich das Covid-19 als ernste Bedrohung wahr. Ich habe eine Krise solchen Ausmasses noch nie aus direkter Nähe mitbekommen und jetzt plötzlich finde ich mich quasi an «vorderster Front» wieder. Ich sehe mich konfrontiert mit der Ungewissheit, wie es weitergeht und versuche einfach im Rahmen meiner Möglichkeiten zu helfen, wo ich nur kann.

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Zwischen Verantwortung und Abgrenzung

Im SPZ laufen die Vorbereitungen auf die kommende Zeit bereits seit Wochen auf Hochtouren. Die neusten Informationen erhalte ich hauptsächlich von der Stationsleitung oder über den Informationsticker im Intranet. Ich weiss, dass diverse Massnahmenpläne für verschiedene Szenarien gemacht wurden. Wie diese aber genau aussehen, wurde bewusst nicht gesagt, um uns nicht unnötig zu beunruhigen. Es weiss ja niemand, was wirklich eintreffen wird und was nicht. Es ist daher beruhigend, weil ich eben dank dem «nicht wissen» spüre, dass ich persönlich für den weiteren Verlauf keine Verantwortung trage und ich blind darauf vertrauen kann und darf, dass ich dann über die nächsten Schritte informiert werde, sobald diese umgesetzt werden müssen.

 

«Wir übernehmen nun teilweise auch Aufgaben, die vorher enge Angehörige übernommen haben.»

Veränderter Klinikalltag für alle

Die letzten Tage waren für mich persönlich geprägt von strukturellen Veränderungen. Da wäre einerseits die Umstellung meiner eigenen Tagesstruktur aufgrund des Lockdowns. Andererseits werden Schichtzeiten und Teamkonstellationen im Moment laufend angepasst, was die ganze Situation nicht einfacher macht. Auch die hausinterne Infrastruktur hat sich stark verändert. Um Covid-19 Betroffene betreuen zu können, gab es viele Anpassungen im Klinikalltag. Auch für die Patienten hat sich vieles verändert. Sie müssen sich ebenfalls strikt an die Massnahmen halten, wie zum Beispiel die Maskenpflicht ausserhalb des Patientenzimmers, die Einhaltung der Händehygiene, die physical distance und auch an das Besuchsverbot. Besonders das Besuchsverbot stelle ich mir für die Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen als grosse Belastung vor. Das tut mir persönlich auch sehr leid, denn ich weiss, dass ich als Pflegefachperson diese wertvolle Stütze unmöglich ersetzen kann.

 

Ich bewundere meine Teammitglieder

Trotz Anspannung sind alle unheimlich darum bemüht, die Patienten und Patientinnen weiterhin individuell nach ihren Wünschen und Bedürfnissen zu versorgen und so übernehmen wir nun teilweise auch Aufgaben, die vorher ihre engsten Angehörigen übernommen haben. Ich bewundere meine Teammitglieder sehr und wenn ich sehe, wie sie jeden Tag trotz all der Anstrengungen und Schwierigkeiten noch mit Freude und Elan arbeiten, motiviert mich das ebenfalls, weiterhin mein Bestes zu geben. Wir tauschen uns im Team natürlich viel über das Thema aus, aber dennoch können wir glücklicherweise eine lockere und oft auch sehr fröhliche Stimmung erhalten. Das ist nicht selbstverständlich und ich bin sehr dankbar dafür.

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Energie in der Krise

Dass man anderen nur helfen kann, wenn man auch einen sorgfältigen Umgang mit sich selbst pflegt, sollte wohl klar sein. Gerade in solch ausserordentlichen Situationen, muss ich darauf aber einen besonderen Fokus legen, um gesund zu bleiben. Ich bin froh, dass ich noch nach draussen gehen kann, um mich bei Rennradtouren zu erholen und dabei meinen Akku von der Frühlingssonne aufladen zu lassen. Ich habe ausserdem das Glück, von meinem Umfeld via Social Media und telefonischem Kontakt unterstützt zu werden.

Solidarität rührt mich

Ich sehe viele Menschen, die all ihre Kräfte mobilisieren, um auf verschiedenste Art und Weise zu helfen. Es gibt ganz großartige Angebote, wie zum Beispiel eine von Psychologen und Psychologinnen errichtete Hotline, auf der nun kostenlose Beratungen für Mitarbeitende aus Gesundheitsinstitutionen angeboten werden. Auch diverse Beiträge auf den sozialen Medien, welche dazu aufrufen, nun erst recht als Gesellschaft zusammenzustehen und solidarisch zu sein, rühren mich sehr. Was mich besonders gefreut hat, ist der Applaus, welcher am 20. März um 12:30 Uhr uns gegolten hat! Das war ein richtiger Gänsehaut-Moment und es war für mich ein schönes Zeichen der Wertschätzung und Solidarität. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass sich so viele Menschen daran beteiligen. Dafür möchte ich mich hier nochmals von ganzem Herzen bedanken.


Im Schweizer Paraplegiker-Zentrum steht die Gesundheit aller Patienten und Mitarbeitenden an oberster Stelle.

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