

Badeferien mit dem Rollstuhl? Ein Städtetrip? Oder gar zwei Wochen fernab von Europa? Alles mach- und buchbar – im Reisebüro der Schweizer Paraplegiker-Vereinigung.
Text: Peter Birrer
Bilder: Sabrina Kohler
Den Alltag hinter sich lassen, in fremde Kulturen eintauchen, das süsse Nichtstun geniessen – wer liebt sie nicht, die Ferien? Für Menschen mit einer Querschnittlähmung ist das allerdings nicht so einfach. Die sorgfältige Planung erfordert einen grossen Zeitaufwand, weil unzählige Abklärungen getroffen werden müssen. Ansonsten drohen die vermeintlichen Traumferien zum Albtraum zu verkommen.
Wer Probleme umgehen und sich von Profis beraten lassen will, ist bei einem Trio an der richtigen Adresse, das bei der Schweizer Paraplegiker Vereinigung (SPV) eine besondere Abteilung bildet: das Reisebüro mit Monserrat Thalmann als Leiterin, Silvana Hegglin und Valery Arambula.

15 Reisen pro Jahr im Angebot
Wer im Büro an der Kantonsstrasse 40 in Nottwil vorbeischaut, merkt schnell: Hier geht es nicht zu wie in einem gewöhnlichen Reiseunternehmen. Das Telefon klingelt nicht pausenlos, individuelle Beratungen vor Ort gibt es genauso wenig. Aus einfachem Grund: Die SPV organisiert ausschliesslich Gruppenreisen – 15 sind es jährlich. Die Palette besteht aus einem bunten Mix. Badeferien, Städtereisen in Europa, zweiwöchige Abenteuer auf einem anderen Kontinent: Das Angebot trifft jeden Geschmack.
Zehn dieser Reisen werden für Personen organisiert, die auf eine eigene Pflegebegleitung angewiesen sind; die anderen fünf werden als «Reisen ohne Pflege» ausgeschrieben.
Bloss: Wer legt die Auswahl fest? «Das ist ein Gemeinschaftswerk», betont Monserrat. Und dieses Werk entsteht so: Jede der drei Frauen sammelt zehn konkrete Ideen, über die an einer ausführlichen Sitzung jeweils Ende Jahr diskutiert wird. Es gibt Destinationen, an denen praktisch nicht gerüttelt wird und die in die Kategorie der sogenannten «Klassiker» fallen. Badeferien in Grado an der Nordküste der italienischen Adria gehören beispielsweise dazu. «Äusserst beliebt sind auch Reisen nach Skandinavien», sagt Silvana und macht das anhand von Stockholm fest. Die schwedische Hauptstadt entwickelt sich immer mehr zu einem Renner.
Wenn es im Reisebüro «räblet»
Zur Tradition ist ein ParaReisen-Day Anfang November geworden – bestehend aus einem Rückblick auf vergangene Ausflüge und Erlebnisse, sowie der Präsentation des Angebots für das nächste Jahr. Und am Tag danach hat das Reiseteam der SPV kaum eine ruhige Minute – dann gehen die Anmeldungen reihenweise ein. Oder mit den Worten von Monserrat formuliert: «Dann räblets.» Innerhalb von wenigen Stunden können sie bei den meisten Reisen melden: «Ausgebucht!»
«Das Bedürfnis nach einem Tapetenwechsel ist gross», sagt Silvana. «Wir von der SPV stellen das zusammen, was man auch als Rundum-sorglos-Paket bezeichnen kann: Ferien für Menschen, die sich sonst schwertäten, überhaupt einmal verreisen zu können.»
Das Paket besteht zu einem wesentlichen Teil aus Abklärungen, die Ärger vermeiden und das Vergnügen steigern sollen. Das fängt damit an, eine geeignete Unterkunft zu finden. Hotels müssen einen detaillierten Fragebogen ausfüllen: Wie steht es um die Bodenbeschaffenheit? Wie hoch sind die Betten? Wie breit die Türen? Sind befahrbare Duschen vorhanden?

Wertschätzung als Zusatzlohn
«Wir müssen uns absichern und auf jede Kleinigkeit achten. Wir haben zum Glück ein dafür geschultes Auge», sagt Silvana. Umso schöner ist es, wenn alles klappt. «Die Wertschätzung unserer Gäste ist ein Zusatzlohn für uns», erklärt Valery, «und wenn doch einmal etwas nicht nach Plan läuft, findet man vor Ort immer eine Lösung.»
Silvana sitzt selber im Rollstuhl – und liebt es, Neues zu entdecken. Oder eben: der Kundschaft Reiseträume zu erfüllen. «Es ist wunderschön, Reisen planen zu dürfen», sagt die 27-Jährige aus Hergiswil bei Willisau. Valery, 30-jährig und wohnhaft in Nottwil, ist immer für einen Abstecher irgendwo zu haben, zum Beispiel spontan an die ligurische Küste. Und Monserrat, 49 und ebenfalls aus Hergiswil bei Willisau, bricht mit ihrer Familie gerne mit dem Wohnmobil auf und erkundet Regionen, die ihr bislang unbekannt waren.
«Es ist wunderschön, Reisen planen zu dürfen.»
Die drei organisieren nicht nur, sondern begleiten gelegentlich auch eine Gruppe, wodurch sie den direkten Kontakt zu Kundinnen und Kunden pflegen können. Wobei Valery eines betont und auch im Namen ihrer Kolleginnen spricht: «Für uns sind das keine Ferien. Wir sind für die Gäste da und zur Stelle, wenn irgendwo ein Problem auftaucht. Und bei hohen Temperaturen haben wir sicherheitshalber Sonnencrème, Sonnenhüte und genügend Getränke dabei.»
Zufriedenheit – und Glück
Die Koordinationsaufgaben nehmen viel Zeit in Anspruch. Rund 160 Ehrenamtliche umfasst die Liste jener Personen, die für die Reiseleitung, die Assistenz der Reiseleitung oder die Pflegebegleitung infrage kommen. Die lückenlose Organisation und die Gewissheit, unterwegs in guten Händen zu sein, haben sich herumgesprochen.


Über hundert Menschen sind mit der SPV jährlich auf Reisen – etwa drei Viertel von ihnen sind Stammgäste wie Daniel Galliker. Der Tetraplegiker aus Oberentfelden AG, am 1. Oktober 1990 als erster Patient überhaupt im Schweizer Paraplegiker-Zentrum registriert, wurde einmal gefragt, was ihm das Reisen gebe. «Zufriedenheit. Und ein Stück weit auch Glück», antwortete er. «Das Reisen gibt mir auch das Gefühl, immer noch sehr viel unternehmen zu können, trotz Einschränkung und Rollstuhl.»
Jeden zweiten Tag wird ein Mensch in der Schweiz querschnittgelähmt.
Eine Querschnittlähmung führt zu hohen Folgekosten, z.B. für den Umbau der Wohnung oder des Autos. Werden Sie deshalb Mitglied der Gönner-Vereinigung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung, um im Ernstfall 250 000 Franken zu erhalten.
Ihre Mitgliedschaft – Ihre Vorteile – unser Tun
Anmeldung Newsletter
Ich möchte exklusive Einblicke hinter die Kulissen der Schweizer Paraplegiker-Stiftung erhalten.
Weitere Beiträge
Weitere Beiträge
Werden Sie jetzt Mitglied und erhalten Sie im Ernstfall 250 000 Franken.
Spenden Sie jetzt und unterstützen Sie unsere Projekte zugunsten von Querschnittgelähmten.