
Die gemeinsame Wertehaltung verbindet
Der «Spirit von Nottwil» ist die Basis für den Erfolg vieler Projekte in der Schweizer Paraplegiker-Gruppe. Mitarbeitende erzählen.
Texte: Stefan Kaiser | Christine Zwygart
Fotos: Sabrina Kohler | Adrian Baer

«Wir setzten von Anfang an auf Nachhaltigkeit»
Remo Bucher (44), Leiter Gärtnerei und Kommandant der Betriebsfeuerwehr.
Als vor 35 Jahren die Aussenanlage gebaut wurde, übernahm das SPZ eine Vorreiterrolle im Bereich Nachhaltigkeit und Biodiversität. Diese Pionierhaltung wurde ständig weiterentwickelt, darauf bin ich stolz. Vor gut einem Jahr haben wir zum Beispiel fünfzig Bäume gepflanzt, weil ihr Schatten besser kühlt als ein Sonnenschirm. Und bei einer Führung für Mitarbeitende thematisierte eine Person den Unterschlupf für Fledermäuse – so kam es zu den Fledermauskästen auf dem Areal. Die Leute kommen mit Ideen oder hinterfragen eine Massnahme, das finden ich und das ganze Team gut. Auch die Patientinnen und Patienten sprechen uns häufig auf den Garten an oder die neue Trockensteinmauer mit ihren vielen Höhlen und Nesthilfen.
Der rund 130 000 Quadratmeter grosse Aussenbereich der Klinik mit seinen Naturwiesen und Biotopen ist für die ganzheitliche Rehabilitation sehr wichtig. Jede Ecke hat ihren eigenen Charme. Es gibt Betroffene, die kommen jeden Morgen um 6 Uhr in den Rosengarten, um hier Energie für den ganzen Tag zu tanken. Wie diese Menschen mit ihrem Schicksal umgehen, davon können wir Fussgängerinnen und Fussgänger noch viel lernen.

«Du bist mein Mami von Nottwil»
Therese Kämpfer (66), ist Gründerin der Peer-Arbeit im SPZ und Präsidentin des Vereins myPeer.
Was wird jetzt aus mir und meinem Leben? Die Frage stellen sich die meisten Menschen, die eine Querschnittlähmung erleiden. Ich kenne das: Im Alter von 21 Jahren verunfallte ich mit dem Töffli und wurde Tetraplegikerin. Der eigene Körper, der mentale Tiefschlag, die berufliche Zukunft, der Umgang mit Freunden und der Familie: All diese Ängste und Fragen besprechen Betroffene am besten mit anderen Betroffenen, die damit schon Erfahrung haben.
Diese «Peer»-Arbeit konnte ich in Nottwil über zwanzig Jahre aufbauen und weiterentwickeln. Ich habe dabei die Patientenedukation ins Zentrum gestellt und die Angehörigen miteingebunden. Wir organisierten Sexual-Seminare, berichteten über das Reisen im Rollstuhl, machten Yoga und boten einen Austausch auf Augenhöhe.
Am schönsten waren für mich die vielen positiven Rückmeldungen: «Ich habe dir bedingungslos geglaubt.» «Du bist mein Mami von Nottwil.» «Als ich das Leuchten in deinen Augen sah, wusste ich, es geht auch für mich weiter.» Füreinander da sein, zuhören, begleiten, Mut machen – das ist echte Peer-Arbeit.

«Beatmeten Personen das Sprechen zu ermöglichen, ist überwältigend»
Hans Schwegler (64), Fachexperte Logopädie und Autor eines Standardwerks zum Trachealkanülenmanagement.
«Als ich das erste Mal an der Beatmung wieder sprechen konnte, habe ich meine menschliche Würde zurückerhalten.» Dieses berührende Zitat eines Patienten drückt eindrücklich aus, wie wichtig die mündliche Kommunikation ist, gerade in Krisensituationen wie auf der Intensivstation. Als Logopäde hatte ich am SPZ das grosse Glück, in einem multiprofessionellen Umfeld die Diagnostik und Therapie des Sprechens und Schluckens auch auf der Intensivstation einzuführen. Die Berücksichtigung dieser grundlegenden menschlichen Bedürfnisse trägt viel zu Verbesserung der Lebensqualität unserer Patientinnen und Patienten bei. «Endlich wieder etwas essen zu können ist wie ein Stück Himmel auf Erden», schilderte eine betroffene Frau. Solche oft freudigen und emotional starken Momente waren für meine Arbeit stets sinnstiftend und motivierend.
Mit unserem Einsatz haben wir seit Ende der 1990er-Jahre schweiz- und europaweit Pionierarbeit geleistet. Seit vielen Jahren geben wir unsere Erfahrungen an Logopädie-Studierende weiter und verbreiten unser Wissen auch international durch Kurse und Referate – damit noch viele Patientinnen und Patienten profitieren können.

«Bei der Wiedereingliederung ist die Schweiz weltweit führend»
Stefan Staubli (60), Leiter Soziale & Berufliche Integration.
Bis 2012 war die berufliche Wiedereingliederung am SPZ nur während der Erstrehabilitation ein Thema. Forschungsergebnisse zeigten jedoch, wie wichtig auch das spätere Coaching am Arbeitsplatz ist, damit die betreuten Personen längerfristig im Arbeitsprozess drinbleiben. Diese erweiterten Aufgaben übernahm nach 2012 die Abteilung ParaWork, deren Aufbau ich leiten durfte. Bei der Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Querschnittlähmung ist die Schweiz mit einer Quote von 64,6 Prozent weltweit führend. Solche Zahlen motivieren uns ebenso wie die berührenden Geschichten, wenn mit den Betroffenen eine ideale Lösung gefunden wird. Wichtige Erfolgsfaktoren sind dabei die interprofessionelle Zusammenarbeit in Nottwil sowie das Gesamtangebot der Schweizer Paraplegiker- Gruppe – das Miteinander am gemeinsamen Ziel.
Dank dem Vertrauen von Vorgesetzten und Mitarbeitenden entstanden weitere Herzensprojekte wie die ParaWG. Mittlerweile engagiert sich in Nottwil ein 45-köpfiges Team für die berufliche Integration. Seit 2021 wird ParaWork von Christine Reuse geleitet.

«Im SPZ gibt es keinen Stillstand. Das macht mir Spass»
Jessica Decker (44), ist seit 2018 Co-Leiterin Therapien.
Mein Highlight der letzten Jahrzehnte? Dass wir es geschafft haben, Physio- und Ergotherapie in eine Abteilung zusammenzuführen und die interprofessionelle Arbeit so zu gestalten, dass für die Patientinnen und Patienten sowie die Therapiefachleute grosse Vorteile entstehen. Alle Informationen fliessen nahtlos zusammen in die Aufgabe, für die betroffenen Menschen das bestmögliche Resultat zu erreichen. Ich fing 2002 in Nottwil an. Seither haben sich die therapeutischen Möglichkeiten stark erweitert. Spezialisierte Teams kamen hinzu und der technische Fortschritt brachte effiziente neue Behandlungsformen. Motivierte Mitarbeitende treiben diese Entwicklung weiter voran. Sie vertiefen sich in ein Spezialgebiet und teilen ihr Wissen mit dem ganzen Team. Auch das attraktive Weiterbildungsangebot bereichert unseren Job. Im 140-köpfigen Team herrscht ein toller Spirit. Wenn es einmal einen Zusatzaufwand braucht, stehen alle zusammen. Die Sinnhaftigkeit der Aufgabe und die Dankbarkeit der Patientinnen und Patienten sind dafür ein unschätzbarer Lohn.

«Ich habe es gerne so abwechslungsreich wie möglich»
Lisa Bärtschi, 24, Studierende Pflege HF.
In Nottwil setzen sich alle dafür ein, dass wir Auszubildenden möglichst viel lernen können. Denn Querschnittlähmung ist ein sehr anspruchsvolles Thema, das viel Wissen und Know-how erfordert. In der interprofessionellen Bildungszone des SPZ übernehmen Lernende und Studierende aus Medizin, Pflege und Therapien alle Aufgaben selbstständig im Team – betreut von Fachpersonen. Ich finde das angenehm, ich lerne am besten, wenn ich etwas umsetzen kann. Spannend ist auch der Einsatz von Technologien wie Augmented Reality (AR), etwa um das Katheterisieren zu lernen. Dabei üben wir die präzisen Abläufe an einer Puppe, während wir gleichzeitig in der AR-Brille Schritt für Schritt angeleitet werden. Das gibt mir Sicherheit, bevor es zur konkreten Anwendung geht.
In Nottwil gefällt mir besonders, dass wir die Patientinnen und Patienten monatelang begleiten und dabei ihre Fortschritte unmittelbar miterleben. Am Anfang gibt man ihnen das Essen ein, am Ende verlassen sie selbstständig die Klinik – und ich bin dabei Teil eines riesigen Teams, das so viel Gutes bewirken kann.

«Mein Highlight: Wenn Betroffene wieder Auto fahren können»
Stefan Baumann (58) leitet den Fahrzeugumbau der Orthotec in Nottwil.
Das umgebaute Auto ist eine der wichtigsten Alltagshilfen für Menschen mit Querschnittlähmung. Es bedeutet Lebensqualität und Unabhängigkeit und es eröffnet sowohl beruflich wie privat neue Perspektiven. Seit 2011 leite ich in Nottwil ein zehnköpfiges Team, das mit Kreativität, Erfahrung und Leidenschaft praktisch immer eine Lösung findet. Selbst für hochgelähmte Personen sind komplexe Umbauten möglich. Dabei haben wir den Vorteil, dass wir ergonomische Fragen direkt mit den Fachpersonen des SPZ abklären können.
Ich staune über alle Betroffenen, die es schaffen, wieder selbstständig ein Fahrzeug zu lenken. Sie müssen ihr Ziel mit grosser Beharrlichkeit verfolgen – und irgendwann sind sie mit ihrem Auto bei hoher Verkehrsdichte unterwegs, als hätten sie nie etwas anderes gemacht.
Eine Querschnittlähmung führt zu hohen Folgekosten, z.B. für den Umbau der Wohnung oder des Autos. Werden Sie deshalb Mitglied der Gönner-Vereinigung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung, um im Ernstfall 250 000 Franken zu erhalten.
Ihre Mitgliedschaft – Ihre Vorteile – unser Tun
250 000 Franken im Ernstfall
6 Vorteile einer Mitgliedschaft- Sie erhalten 250 000 Franken, wenn Sie nach einem Unfall querschnittgelähmt und dauerhaft auf den Rollstuhl angewiesen sind.
- Die Auszahlung erfolgt schnell und unbürokratisch.
- Die Auszahlung ist unabhängig von Versicherungsleistungen, Unfall- oder Behandlungsort.
- Eine Mitgliedschaft ist möglich für Personen mit Wohnsitz in der Schweiz wie auch im Ausland.
- Bereits 2 Millionen Mitglieder vertrauen auf die Schweizer Paraplegiker-Stiftung.
- Sie zeigen ihre Solidarität gegenüber querschnittgelähmten Menschen – denn es kann jeden treffen.
Unser Einsatz für Querschnittgelähmte
Unser Tun kurz erklärtDie Schweizer Paraplegiker-Stiftung ist ein gemeinnütziges Solidarwerk, welches sich für die gesamtheitliche Rehabilitation von Querschnittgelähmten einsetzt. Zusammen mit ihren Tochter- und Partnergesellschaften steht sie dafür ein, Querschnittgelähmte ein Leben lang zu begleiten. Die Schweizer Paraplegiker-Stiftung unterstützt das Schweizer Paraplegiker-Zentrum finanziell. Nebst Querschnittlähmung werden im Schweizer Paraplegiker-Zentrum auch Rückenverletzungen anderer Art behandelt. Bereits 2 Mio. Menschen in der Schweiz sind Mitglied bei der Gönner-Vereinigung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung.
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