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Sport und Nottwil: untrennbar verbunden

Für Menschen mit Querschnittlähmung ist Bewegung unverzichtbar. Heinz Frei hat die Entwicklung des Rollstuhlsports als Pionier mitgeprägt – von der Tüftelei in der Garage bis in die Hightech-Zeit.

Text: Peter Birrer
Fotos: Sabrina Kohler | Gabriel Monnet/Swiss Paralympic

Ein Sturz beim Training zu einem Berglauf machte Heinz Frei zum Paraplegiker. Damals haderte er mit seinem Schicksal. Er ist zwanzig Jahre alt, ein Bewegungsmensch. Und auf einmal wird ihm sehr viel genommen. Die Beine? Wünscht er sich «ins Pfefferland », wie er sagt. Lebensperspektiven? «Ich hakte reihenweise ab, was nicht mehr funktioniert mit einem gelähmten Körper.» Seine bange Frage: Ist mein Leben so noch lebenswert? Heinz Frei verunglückt 1978, drei Jahre nach der Gründung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung. Es ist sein Glück, dass er mit ihr in Kontakt kommt und ihr ständig verbunden bleibt – heute ist er Präsident der Gönnervereinigung. «Die Stiftung wurde für mich wie ein Zuhause», sagt der 67-Jährige aus Oberbipp BE. «Sie hat mir Perspektiven gegeben und meine Zukunftshoffnungen genährt.» Der Sport hilft dem früheren Leichtathleten, sich von negativen Gedanken zu befreien. Erst recht, als er mit Erfolg seine ersten Wettkämpfe im Rollstuhl bestreitet. «Ich wurde in eine Pionierzeit katapultiert», sagt er.

Tüftler in der Werkstatt

Es ist die Zeit der Tüftler und der Marke Eigenbau. Der gebürtige Berner Peter Gilomen, selbst ein Betroffener, bastelt in seiner Werkstatt Sport-Rollstühle. Manchmal assistiert ihm Heinz Frei. «Im Rollstuhlsport entstand eine Bewegung, die kontinuierlich wuchs», sagt der spätere Weltklasseathlet, «obwohl uns damals Ärzte vor längeren Distanzen warnten.» Es galt die Meinung, solche Belastungen seien für Querschnittgelähmte nicht zumutbar. Abhalten lassen sich die Pioniere davon nicht. Bald einmal bewältigen sie die Marathondistanz – indem sie sich bei Rennen für Fussgänger anmelden.

Mit der Gründung der Schweizer Paraplegiker-Vereinigung (SPV) 1980 erhält der Sport mehr Bedeutung für alle Betroffenen. Unter dem Dach der SPV formieren sich im ganzen Land immer mehr Rollstuhlclubs. Aufbruchstimmung macht sich breit. Die Selbsthilfeorganisation der Rollstuhlfahrenden fördert sowohl den Breiten- wie den Spitzensport, das Angebot wird laufend ausgebaut.

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«Sport trägt zur Lebensqualität und zur Lebensfreude bei.»

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Die Sitzschale von Peter Gilomen (links) hat den Betroffenen den Wintersport zugänglich gemacht.

Wichtig für die Rehabilitation

Als 1990 das Schweizer Paraplegiker-Zentrum eröffnet, findet der Rollstuhlsport eine neue Heimat mit idealen Bedingungen. In der Sportarena in Nottwil trifft sich inzwischen Jahr für Jahr die Weltelite zu den ParAthletics. Die Schweizer Paraplegiker-Stiftung engagiert sich sehr bewusst für den Sport – denn Sport ist in der ganzheitlichen Rehabilitation von Menschen mit Querschnittlähmung ein entscheidender Aspekt. Die herausragende Bedeutung des Sports erkannte bereits der Vater der ganzheitlichen Rehabilitation, Sir Ludwig Guttmann. Im Jahr 1944, kurz nach Eröffnung des weltweit ersten Paraplegiker- Zentrums im englischen Aylesbury, integrierte er den Sport in die Rehabilitation und wies dessen Behandlungserfolge in einer Studie nach. Heute werden Patientinnen und Patienten früh nach ihrem Klinikeintritt motiviert, sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu bewegen. Sport, so die medizinische Erkenntnis, verbindet koordinative, motorische, psychische und regenerative Aspekte. Er wird als Mittel genutzt, um Funktionen zurückzuerlangen, von denen die Betroffenen am stärksten profitieren.

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Sport kräftigt die Muskeln, die für die Fortbewegung im Rollstuhl wichtig sind und hilft, Verletzungen vorzubeugen. Zudem bringt er während der monatelangen Rehabilitation ein Stück Normalität in den Klinikalltag. «Sport trägt zur Lebensqualität und Lebensfreude bei», sagt Heinz Frei. «Und über den Sport entwickelt man ein neues Körpergefühl.» Aus einem früheren Sportmuffel werde nicht plötzlich ein Spitzenathlet im Rollstuhl, aber das sei auch gar nicht nötig: «Meist nützt bereits regelmässige Bewegung, um seine persönliche Messlatte für Alltagstätigkeiten höher legen zu können.»

Sportliche Imageträger

Der Sport und der Campus Nottwil sind untrennbar miteinander verbunden. Die Infrastruktur, zu der eine schnelle Rundbahn gehört, wurde kontinuierlich ausgebaut. 2019 kam das Rollen- Trainingscenter hinzu, das Athletinnen und Athleten aus Spitzen-, Breiten- und Nachwuchssport perfekte Bedingungen bietet. Bekannte Namen wie Marcel Hug, Catherine Debrunner oder Manuela Schär trainieren hier. Bestreiten sie einen internationalen Wettkampf, sind sie auch Imageträger für die Schweizer Paraplegiker-Stiftung. Und sie inspirieren den Nachwuchs.

Gerade die Jugendförderung ist eines der Anliegen von Trainer Paul Odermatt, der Marcel Hugs Weg an die Weltspitze begleitet hat. Der ausgebildete Sozialpädagoge steht noch mit 72 Jahren von Montag bis Samstag zur Verfügung und vermittelt jungen Betroffenen die Bedeutung des Sports. «Es geht um Persönlichkeitsentwicklung und das Selbstwertgefühl. Es geht um die physische und psychische Gesundheit», sagt der Nidwaldner. «Und nicht zu unterschätzen ist der soziale Aspekt.»

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An den Paralympics in Tokio 2021 eroberte Marcel Hug vier Goldmedaillen mit seinem Hightech-Rollstuhl.

Der schnellste Rollstuhl der Welt

Auch in der Rollstuhlentwicklung wurde Nottwil zur führenden Adresse. Im Sommer 2017 formulierte man bei Orthotec, einer Tochtergesellschaft der Schweizer Paraplegiker-Stiftung eine Vision: «Wir wollen den schnellsten Rennrollstuhl der Welt bauen!» Gesagt, getan: OT FOXX heisst das hochmoderne Produkt, das immer wieder für Schlagzeilen sorgt. Die Sauber Group aus der Formel 1 beteiligte sich an der Entwicklung ebenso wie die ETH Zürich und die Schweizer Paraplegiker- Forschung. Eine Schlüsselrolle hatte auch Marcel Hug. Bei den Paralympics 2021 in Tokio eroberte er mit dem Gefährt aus Nottwil viermal Gold.

In Tokio ist auch Heinz Frei am Start und gewinnt als Handbiker im Alter von 63 Jahren sensationell seine 35. paralympische Medaille. Im selben Jahr stellt Marcel Hug einen neuen Weltrekord über die Marathondistanz auf – und löst Heinz Frei ab, der die Bestzeit seit 1999 gehalten hatte. «Es ist erstaunlich, dass mein Rekord so lange standhielt», sagt Heinz Frei. Von der Pionierphase bis zur Hightech-Neuzeit hat er alles miterlebt. Sein Fazit: «Wir dürfen stolz sein – auf die Sportlerinnen und Sportler, und auf Nottwil.» Denn ohne Schweizer Paraplegiker-Stiftung wären solche Fortschritte undenkbar.

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