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Akzeptanz

Akzeptanz kann definiert werden als Annahme, Billigung, Anerkennung oder Hinnahme. Seit über dreissig Jahren verwenden wir den, aus dem lateinischen «acceptare» entlehnten, Begriff in unserem Alltag. Für querschnittgelähmte Menschen ist Akzeptanz ein zentrales Thema, denn es gibt nach einem Schicksalsschlag keine «Zurück- Taste». Die Betroffenen müssen mit der Diagnose eine Neuorientierung für ihr Leben finden. Unterstützt durch die Schweizer Paraplegiker-Forschung begleitet das Schweizer Paraplegiker-Zentrum Patientinnen und Patienten auf dem Weg, ihr psychisches Gleichgewicht wieder herzustellen und die Situation bestmöglich zu akzeptieren.

Nach seinem folgenschweren Sturz in einen Liftschacht schaut der ehemalige Bauarbeiter Maurizio Coldagelli heute nach vorne.

Text: Stefan Kaiser
Fotos: Viviane Speranda / Adrian Baer

Maurizio Coldagelli akzeptiert sein Schicksal

Maurizio Coldagellis Arbeitstag war eigentlich schon zu Ende, als sein Arbeitgeber ihn bat, auf einer anderen Baustelle noch etwas zu überprüfen. Dabei stürzte der damals 40-Jährige zehn Meter tief in einen Liftschacht. Er zog sich einen Rückenbruch zu und wurde sehbehindert. Er werde in der Klinik viel Zeit und Geduld brauchen, sagten ihm die Ärzte. Und mehr noch: Sie sind sich nicht sicher, ob er je wieder das Bett verlassen kann.

Der einst aktive Mann aus Chiavenna (IT) liebt die Natur; er jagte, fischte und ging leidenschaftlich gern in die Berge. Ständig im Bett liegend wird ihm zunehmend bewusst, dass er all das, was bisher sein Leben bereichert hat, nicht mehr machen kann. Im Sommer 2013 liegt er bereits viele Monate im Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) in Nottwil. Er hat schon viel Kraft gebraucht, viel Geduld gezeigt, die ständigen starken Schmerzen ausgehalten. Doch jetzt beherrscht dieses Gefühl seinen Kopf: Ich schaffe das nicht mehr. So will ich nicht leben. Als er endlich aus dem Bett kann, fährt er mit dem Rollstuhl zum nahen Bahnübergang und ist entschlossen, sein Leiden zu beenden. Was ihn schliesslich zurückhält, kann er nicht mehr benennen: «Ich vermute, es war der Gedanke an meine Familie und an die Menschen, die mir nahe sind und die mich lieben.»

Mit der Zeit hat Coldagelli gelernt, sein neues Leben zu akzeptieren. Er zeigt wieder sein typisches Lächeln – obwohl er fast täglich mit Schwierigkeiten konfrontiert ist. «Aber ich gebe nicht auf», sagt er. In emotional belastenden Momenten denkt er an all das, was er bereits erreicht hat.

Akzeptanz Paraplegie Maurizio

Das Unaufhaltbare akzeptieren

Das Schweizer Paraplegiker-Zentrum will den Patientinnen und Patienten die jeweils bestmögliche Behandlung bieten. Doch manchmal stösst die Medizin an Grenzen. Zum Beispiel, wenn eine achtzigjährige Tetraplegikerin unheilbar an Krebs erkrankt. Dann müssen die Betroffenen und ihre Angehörigen lernen, das Unaufhaltbare zu akzeptieren und auszuhalten. «Auch für unsere Teams ist das schwierig», erklärt der Arzt Kamran Koligi. «Es besteht ja immer eine emotionale Bindung zu den Menschen, die wir behandeln.»

Die Herausforderung, eine Veränderung im Leben akzeptieren zu müssen, die unumkehrbar ist, führt die betroffenen Menschen in Situationen, mit denen sie im Alltag nur ganz selten konfrontiert sind. Nach einem Schicksalsschlag gibt es keine «Zurück- Taste». Aber es gibt Wege, den Umgang damit zu lernen.

 

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Kamran Koligi, Leitender Arzt Paraplegiologie am Schweizer Paraplegiker-Zentrum und Mayra Galvis, Wissenschaftlerin (Post Doc) bei der Schweizer Paraplegiker-Forschung

Ein Drittel findet ein Gleichgewicht

Das Verarbeiten eines Schicksalsschlags geschieht zwar individuell – und dennoch zeigen sich Muster. So gibt es eine Gruppe von Menschen, die ihre Querschnittlähmung erstaunlich gut akzeptieren kann. Mayra Galvis von der Schweizer Paraplegiker- Forschung hat untersucht, was ihnen gemeinsam ist. «Damit erhalten wir Ansatzpunkte, um jenen zu helfen, die mehr Schwierigkeiten mit der Akzeptanz haben», sagt die Psychologin.

Nach seinem folgenschweren Sturz in einen Liftschacht schaut der ehemalige Bauarbeiter Maurizio Coldagelli heute nach vorne. Seine bewegende Geschichte erzählt er im Film zum Projekt «Orte der Hoffnung» der Schweizer Paraplegiker-Stiftung – um anderen Menschen Mut zu machen.

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Der Kurzfilm «Das Velo»

Lea ist jung, sportlich und steht mitten im Leben. Die junge Frau ist auf dem Bike unterwegs, als sich ihr Leben von einer Sekunde auf die andere verändert.

«Das Velo» zeigt die wesentlichen Stationen auf, die ein Paraplegiker oder eine Paraplegikerin nach einem Unfall durchläuft, um zurück in ein selbständiges Leben zu können.

Jeden zweiten Tag wird ein Mensch in der Schweiz querschnittgelähmt.

Eine Querschnittlähmung führt zu hohen Folgekosten, z.B. für den Umbau der Wohnung oder des Autos. Werden Sie deshalb Mitglied der Gönner-Vereinigung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung um im Ernstfall 250 000 Franken zu erhalten.

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