Die Apotheke mit der Rutsche

Wo das Chaos System hat

Die Apotheke im SPZ versorgt nicht nur die verschiedenen Stationen mit Medikamenten – sondern dient auch der Öffentlichkeit. Unterstützt wird das elfköpfige Team von einem stillen Helfer im Keller.

Text: Peter Birrer
Fotos: Sabrina Kohler

Plötzlich rattert es. Ein Päckli mit Medikamenten saust die Wendel herunter, die aussieht wie eine Rutschbahn im Miniaturformat. Wie aus dem Nichts ist es aufgetaucht – der Kunde bekommt, wonach er gefragt hat.

Es ist eine alltägliche Situation in der Apotheke des SPZ: Eine Mitarbeiterin muss das Arzneimittel, das nicht im Regal hinter ihr oder in einer Schublade liegt, mittels Computer anfordern. Ihre Bitte, die Tabletten zu liefern, nimmt ein Roboter im Untergeschoss entgegen. Der kluge Kerl düst los, findet die Packung und schickt sie über die Rohrpost an die gewünschte Stelle. Raffael Bisig sitzt an einem Bürotisch in einem Bereich, in dem keine Medikamente über einen Ladentisch gehen. Die Apotheke, die er als Verantwortlicher leitet, ist zweigeteilt: Da ist zum einen die öffentliche Apotheke, die allen zugänglich und eine von 1844 sogenannten Offizinen in der Schweiz ist; und da ist zum anderen die Spitalapotheke, die den Auftrag hat, die verschiedenen Stationen mit Medikamenten zu versorgen, sowie als Auskunftsstelle für Fragen rund um den Medikationsprozess dient.

Medikamente auf der Rutsche

Eine wichtige Tätigkeit: das Rüsten

Elf Angestellte kümmern sich in zwei Gruppen um die anfallende Arbeit. Fällt vorne jemand aus oder herrscht dort reger Betrieb, hilft von hinten jemand aus. Vorne – das ist der öffentliche Bereich. Hinten – das ist die Abteilung, die nur für die interne Versorgung zuständig ist.
Das Rüsten ist eine der wichtigsten Tätigkeiten. Das mag für viele nach einer Arbeit in der Küche klingen, bedeutet aber im Zusammenhang mit einer Apotheke das Vorbereiten von Medikamenten für das SPZ, die online bestellt worden sind. Zweimal täglich, ausser am Mittwoch und am Wochenende, verlassen die Arzneimittel in Kisten die Spitalapotheke.
In der öffentlichen Apotheke werden im Winter mehr Kundinnen und Kunden gezählt als im Sommer, über zwölf Monate gerechnet sind es pro Tag im Schnitt 130, unter ihnen viele mit Austrittsrezepten. Erwirtschaftet wird pro Jahr ein Umsatz von rund zwei Millionen Franken. Zu den Topsellern gehören der Protonenpumpenblocker Pantozol gegen zu viel Säureproduktion im Magen oder das Schmerzmittel Dafalgan.

Apotheke Roboter

«Der Roboter verstaut die Medikamente nicht nach Alphabet oder Grösse, sondern dort, wo sich gerade Platz anbietet. »

Über 8000 Medikamentenschachteln

Der Umsatz in der Spitalapotheke beläuft sich gar auf rund 2,8 Millionen Franken. Nur wird mit diesem Geschäft kein Gewinn generiert, weil die Medikamente zum Einstandspreis weitergegeben werden. Besonders gefragt sind hier: Ipramol-Inhalationsdosen, die helfen, die Bronchien zu öffnen, Clexane-Fertigspritzen zur Thromboseprophylaxe sowie Minalgin-Tabletten zur Schmerzbekämpfung.
Die Apotheke wird rege besucht, immer wieder rutscht ein Medikamentenpäckli über eine Wendel ein, und doch herrscht weder «vorne» noch «hinten» Hektik. Vielmehr bekommt man den Eindruck, dass jeder Handgriff sitzt und im Nu gefunden ist, wonach man sucht. Seit 2017 erstreckt sich die Apotheke auf einer Fläche von rund 250 Quadratmetern. Im Untergeschoss kommen 50 Quadratmeter hinzu: Hier findet sich der Lagerraum mit dem Roboter, der im «Chaos-Lager» wirbelt. Darin befinden sich mehr als 8000 Medikamentenschachteln.
Der stille Helfer verstaut die Medikamente nicht nach Alphabet oder Grösse, sondern dort, wo sich gerade Platz anbietet. Bevor er das tut, scannt er den QR-Code auf dem Paket und kann es bei Bedarf im Chaos ausfindig machen. Der Roboter stösst aber sehr wohl auch an seine Grenzen, speziell bei unhandlichen, schweren Paketen. Die Greifarme sind von begrenzter Spannweite, die Tragkraft ist es auch.

«Ich will innovativ handeln und nicht verwalten.»

Raffael Bisig

Vorträge halten, Listen schreiben

Seit Anfang August 2021 leitet Raffael Bisig die Apotheke. Der 45-jährige Zürcher, der zuletzt fünf Jahre in der Apotheke des Universitätsspitals Zürich gearbeitet hat, trägt auch die pharmazeutische Verantwortung für die acht Stationsapotheken und die Intensivstation. Regelmässig trifft er sich im Rahmen von sogenannten Kardex-Visiten mit den Ärztinnen und Ärzten, um zu schauen, welche Medikamente verschrieben worden sind und wieso. Der Leiter der Arzneimittel-Kommission hält Vorträge für die Pflege und Patientinnen sowie Patienten. Ausserdem erstellt er pharmazeutische Listen, die elektronisch im Intranet des SPZ verfügbar sind und wichtige Informationen wie beispielsweise die Zubereitung, die Anwendung oder die Haltbarkeit von Medikamenten beinhalten.
Ab 2023 soll in der öffentlichen Apotheke ein professionelles Austrittsmanagement aufgebaut werden. Dabei setzt er sich mit der Patientin oder dem Patienten zusammen, um Fragen zu klären wie: Gibt es für jedes Medikament eine Indikation, also einen Grund? Ist an alles gedacht worden, was nötig und hilfreich ist? Oder ist gar zu viel verschrieben worden? Raffael will nicht verwalten, sondern innovativ handeln – «sonst wäre ich nicht der richtige Mann für diesen Job».

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