Luca Olgiati ist seit seinem Snowboardunfall vor zwei Jahren querschnittgelähmt. Nun spielt er Parabadminton.

«Warum nicht das Beste daraus machen?»

Luca Olgiati ist seit seinem Snowboardunfall vor zwei Jahren querschnittgelähmt. Wie meistert er sein Leben und was sind seine Träume und Ziele?

Und auf einen Schlag ist alles anders

Luca Olgiati ist seit einem Snowboardunfall im Februar 2016 im Rollstuhl. Der 29-jährige Aargauer hat nie aufgehört, Träume zu haben: Einen erfüllte er sich mit der Teilnahme an der Parabadminton-WM.

Originalartikel: Alessia Bassi / az Aargauer Zeitung
Bilder: Michael Fund

Luca Olgiati ist mit seiner Familie in den Ferien in den Freiburger Alpen. Das Skigebiet kennt er seit mehr als zehn Jahren. Die Piste, die sein Leben verändern wird, fährt er an diesem Tag nicht zum ersten Mal. Doch diese Fahrt ist anders. Plötzlich stürzt Olgiati mit seinem Snowboard. Der 29-Jährige verletzt sich so stark, dass er seither vom Bauch abwärts querschnittgelähmt ist. 

 

«Nachdem klar war, dass ich nicht mehr laufen kann, habe ich mir ziemlich schnell gesagt, dass ich an der Situation nichts ändern kann. Ich sagte mir: Warum also nicht einfach das Beste daraus machen?»

Das hat er gemacht: Nur knapp ein Jahr nach seinem Unfall qualifiziert er sich für die Weltmeisterschaften im Parabadminton. Im Einzel scheidet er zwar bereits in der Gruppenphase aus und im Mixed reicht es «nur» für den Viertelfinal.

Aber das zählt in diesem Moment nicht. Luca Olgiati hat es geschafft. Er lebt ein neues Leben. Die Resultate sind sekundär. Trotzdem: Nach diesem ersten Erfolg sind Olgiatis Erwartungen gestiegen. «Ich habe noch Potenzial nach oben. Ich befinde mich in der Entwicklungsphase.» Sein nächstes Ziel sind die Europameisterschaften, die im Herbst 2018 in Frankreich stattfinden.

Beklemmende Ungewissheit

Doch ganz so einfach war es für ihn nicht immer. «Nach meinem Unfall war es schwierig, da mir niemand eine genaue Diagnose geben konnte oder wollte», sagt der Aargauer. Luca Olgiati ist inkomplett querschnittgelähmt. Sein Rückenmark ist nicht vollständig durchtrennt und er kann seine Beine ein wenig bewegen. «Zu Beginn hiess es sogar, dass ich in einem Jahr vielleicht wieder laufen könne», sagt der 29-Jährige.

Je länger es dann dauerte, desto geringer wurde die Chance, dass Olgiati wieder ein «normales» Leben führen kann. Es war jedoch nicht die Angst, die ihm zu schaffen machte, sondern die Ungewissheit. «Ich hatte keine Ahnung, was jetzt auf mich zukommen wird, wie ich damit umgehen soll oder wie die Leute in meinem Umfeld damit umgehen werden.»

Nach seinem Unfall absolvierte Olgiati für sechs Monate ein Reha-Programm im Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Nottwil. Dort bekam er die Hilfe, die nach einem solchen einschneidenden Erlebnis notwendig ist. «Diese Zeit war extrem hilfreich. Dort hat es viele Leute, die das gleiche erlebt haben. Viele der Angestellten sitzen im Rollstuhl. Durch die Gespräche mit ihnen sieht man, was noch möglich ist. Sie gaben mir eine Perspektive.»

Luca Olgiati ist trotz Querschnittlähmung sehr aktiv: er spielt Parabadminton und qualifiziert sich sogar für die Weltmeisterschaften
Luca Olgiati ist trotz Querschnittlähmung sehr aktiv: er spielt Parabadminton und qualifiziert sich sogar für die Weltmeisterschaften

Eine enorme Hemmschwelle ist vorhanden

Das Leben im Rollstuhl bringt neben den offensichtlichen Problemen, noch viele andere Herausforderungen mit sich. «Das Schlimmste für mich ist, dass ich keine Kontrolle über meinen Darm und meine Blase habe, das ist mühsam», sagt Olgiati.

Zudem hat er mit Druckstellen zu kämpfen, die durch das dauernde Sitzen entstehen. «Bei mir ist es so, dass ich sitzend einen brennenden Schmerz in meinen Beinen spüre. Ich kann aber nicht sagen, was es genau ist.» Auch beim Schlafen gibt es Probleme. «Seit meinem Unfall habe ich kaum eine Nacht durchgeschlafen. Ich wache jede Nacht nach etwa einer Stunde auf, drehe mich auf die andere Seite, schlafe wieder ein und dann beginnt das ganz wieder von vorne.»

Im Alltag hat sich bei Olgiati einiges verändert. Vor jedem Besuch bei Freunden muss er sich mit der Frage beschäftigen, wie er hinkommt und ob es eine Treppe hat. Und auch die Menschen gehen anders mit ihm um: «Oft starren sie mich an, trauen sich aber nicht zu fragen, was genau passiert ist. Die Hemmschwelle ist enorm. Aber ich verstehe es. Vor meinem Unfall ging es mir genau gleich.»

Luca Olgiati hat bereits als Fussgänger Badmington gespielt. Da war es nahe liegend, dass er auch als Querschnittgelähmter diese Sportart ausübt.

In Nottwil kam Luca Olgiati mit dem Parabadminton in Kontakt. «Pro Tag verbrachten wir eine Stunde in der Sporthalle, um verschiedene Sportarten auszuprobieren. Und Badminton gefiel mir am besten, auch weil ich schon vorher diesen Sport ausübte.»

Seit Mai 2017 wohnt Olgiati alleine und bewältigt den Haushalt selbst. «Das klappt ganz gut so», sagt er. Neben dem Badminton arbeitet er 50 Prozent als Geomatikingenieur. Ursprünglich hatte er sich für diesen Job entschieden, weil man viel draussen arbeitet. «Vor dem Unfall war ich oft auf Baustellen und habe Vermessungen vorgenommen. Heute geht das leider nicht mehr und ich arbeite nur noch im Büro», sagt er.

Aus seinem Unfall hat Olgiati vor allem eines gelernt: Dass man das Leben mehr schätzen sollte. «Wenn ich darüber nachdenke, über was ich mir früher Sorgen gemacht habe, ist das lächerlich», sagt er. «Wenn etwas nicht klappt, dann ist das halt so. Deswegen geht die Welt nicht unter.»

 

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Traurig, aber wahr: Jeden zweiten Tag wird ein Mensch in der Schweiz querschnittgelähmt. Eine Querschnittlähmung führt zu hohen Folgekosten, z.B. für den Umbau der Wohnung oder des Autos. Damit Betroffene nicht zusätzlich von Geldsorgen geplagt werden, erhalten Mitglieder bei einer unfallbedingten Querschnittlähmung mit permanenter Rollstuhlabhängigkeit eine einmalige Zahlung von CHF 250'000.–.

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