
Therapien, die süchtig machen
Die Robotik-Therapien des Schweizer Paraplegiker-Zentrums führen immer wieder zu erstaunlichen Fortschritten. Während des Trainings motivieren sie die Patientinnen und Patienten auf ganz besondere Art.
Text: Stefan Kaiser
Bilder: Adrian Bär
«Jeder Tag, an dem ich hier sein darf, ist Gold wert. Ich profitiere so viel davon.»
Beim Verlassen des Therapiesaals dreht sich Robert Müdespacher noch einmal um und sagt: «Jeder Tag, an dem ich hier sein darf, ist Gold wert. Ich profitiere so viel davon.» Ein schöneres Kompliment kann man dem Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) wohl nicht machen. Es ist die Wertschätzung einer umfassenden Teamarbeit, die dem Patienten erstaunliche körperliche Fortschritte gebracht hat.
Anfangs 2024 hat die Erstrehabilitation des damals 68-jährigen Landwirts aus Wald im Zürcher Oberland begonnen. Bei Putzarbeiten in der Scheune stürzte er von einer fünf Meter hohen Leiter und verletzte dabei sein Rückenmark auf der Höhe der Brustwirbelsäule. Die Diagnose: inkomplette Paraplegie.

«Ich habe rasch bemerkt, wie effizient dieses System ist, und möchte es nach dem Austritt weiternutzen.»
Dreimal pro Woche trainiert Robert Müdespacher mit einem Armroboter. «Ich habe rasch bemerkt, wie effizient dieses System ist, und möchte es nach dem Austritt weiternutzen», sagt er. Monatelang konnte er seinen rechten Arm nicht bewegen und fuhr im Elektrorollstuhl in die Therapie. Heute sitzt er im manuellen Rollstuhl – und kann beim Essen die Hand wieder zum Mund führen. Er freut sich sehr über diese Entwicklung: «Dieses Training hat mir unglaublich viel gebracht.»
Das Nervensystem aktivieren
Robotergestützte Assistenztechnologien sind am SPZ ein fester Bestandteil in der Rehabilitation von Menschen mit Querschnittlähmung. Die Robotik unterstützt die Patientinnen und Patienten darin, Bewegungsfähigkeiten wiederzuerlangen – vor allem, wenn noch Restfunktionen von Nerven und Muskeln vorhanden sind. Wenn diese mit einer Vielzahl von Wiederholungen trainiert werden, kann das geschädigte Nervensystem aktiviert werden und lernen, verlorengegangene Bewegungen wieder auszuführen.
«Für das motorische Lernen sind diese Geräte enorm wichtig», sagt Ergotherapeutin Flavia Bürgisser, die am SPZ für den Fachbereich Robotics verantwortlich ist. «Und wir können mit der Behandlung bereits in einem frühen Stadium anfangen.» Zu Beginn der Rehabilitation dürfen noch nicht alle Bewegungsmuster ausgeführt werden, sonst könnten sich zum Beispiel frische Verankerungen in der Wirbelsäule lösen. Eine konventionelle Physio- oder Ergotherapie ist dann nur teilweise möglich. Aber mit Robotern erreichen die Patientinnen und Patienten schon früh viele Wiederholungen. Die Systeme lassen sich so präzis einstellen, dass keine Gefährdung möglich ist.

Scheinbar schwerelos
Hinzu kommt der psychologische Effekt, dank der Roboterunterstützung eine Bewegung ausführen zu können, welche die eigene Muskelkraft nicht zuliesse. «Das Schönste ist, wie die Augen der Patientinnen und Patienten strahlen, wenn sie solche Bewegungen zum ersten Mal selber machen», sagt Flavia Bürgisser. «Sie erleben: Es geht! Ich kann essen, ohne dass die Therapeutin meinen Arm heben muss.» Das Einüben wichtiger Alltagsbewegungen ist damit kein fernes Ziel mehr.
Robert Müdespachers rechter Arm ist in den Armroboter eingespannt. Er säubert damit das Meer, versorgt Bälle in einer Schatzkiste oder weicht Vögeln aus, die auf ihn zufliegen. Was nach Computerspiel tönt, ist auch eines. Eine halbe Stunde lang ist der Patient voll auf seine Aufgaben im Spiel konzentriert. Ehrgeizig jagt er das Highscore – und übt Bewegungen wie beim Rollstuhlfahren, ohne bewusst zu merken, dass er sie trainiert.
Im Unterschied zu konventionellen Therapien lenken die Geräte die Aufmerksamkeit nicht auf einzelne Muskeln und Bewegungen, sondern auf Ziele im Spiel. Robert Müdespachers Arm hängt – je nach Geräteeinstellung – scheinbar schwerelos in der Luft, sodass er die gewünschten Bewegungen ausführen kann. Gleichzeitig werden seine Muskeln gekräftigt sowie die Koordination und Ausdauer verbessert. Mit höherer Muskelkraft kann die Unterstützung durch das System schrittweise verringert werden, bis er die ganze Bewegung ohne Hilfe schafft.

«Es ist kein Entweder-oder, sondern die Kombination aller Therapieformen, die den Erfolg ausmacht.»
«Wie ein guter Freund»
Jedes Computerspiel trainiert eine andere Funktion und bietet unterschiedliche Herausforderungen für Muskeln und Nervensystem. Die Therapeutin kontrolliert, dass die Bewegungen präzise durchgeführt werden. Sie erkennt Fehler, korrigiert, passt das Gerät entsprechend an. «Das Spielen bringt einen hohen Motivationsfaktor mit sich», sagt Flavia Bürgisser. «Und man kann noch etwas mehr aus einer Person herausholen. » Anhand der erreichten Punkte sehen die Patientinnen und Patienten sofort ihre Entwicklung – ein weiterer Ansporn.Die Robotikexpertin versteht die Geräte nicht als Ersatz für konventionelle Therapien, sondern als sinnvolle Ergänzung: Ein Roboter wird genau dort eingesetzt, wo er den Betroffenen am meisten bringt. «Es ist kein Entweder-oder, sondern die Kombination aller Therapieformen, die den Erfolg ausmacht», sagt Flavia Bürgisser.
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